850 Jahre Göhren auf Rügen 

 

Rügens Zeitgeschichte seit 1945 bis 2015

 

1945 - 1952

Fegte die Bodenreform über die Insel Rügen und ließ auch Göhren nicht aus. Es wurden aber nicht nur Großbauern enteignet, sondern auch kleine Häuser, so in der Thiessower Straße das Haus Dornrößchen, ein Einfamilienhaus der Familie Koch. Man sagt, der Eigentümer sei Mitglied der NSDAP gewesen.

 

Das diese Behauptungen nicht immer gestimmt haben, wurde beim Ehemann der Hoteleigentümerin Liselotte Hörnlein geb. Zobel vom Deutschen Haus festgestellt. Man hatte hier offensichtlich die im Naziregime übliche Praxis angewendet, jeweils zu „Führers Geburtstag“ eine Anzahl von Jugendlichen in die Partei aufzunehmen.

 

In diesem Fall habe ich recherchiert und das Ergebnis in meinem Buch „Rügen nach der Wende – Erinnerungen“ ISBN 3-00-002326-7 auf Seite 31 publiziert aus dem Bundesarchiv Berlin, ehem. BDC PK Hörnlein, Kuno 1040057139 Schreiben der NSDAP Dessau vom 18. Oktober 1940. An die Reichsleitung der NSDAP München „wegen der Mitgliedschaft des ehemaligen Parteigenossen Kuno Hörnlein, Mitgliedsnummer 1226572 teile ich mit, dass diesem durch die Ortsgruppe Harzgerode die bei der Aufnahme vom 1.8.1932 ausgestellte Mitgliedskarte ausgehändigt worden ist und er vom August bis November 1932 Beiträge bezahlt hat.. In dieser Zeit hat er Harzgerode plötzlich verlassen. Daher erfolgte die Abmeldung wegen unbekannten Aufenthaltes.“


1946 wurde er nach Rückkehr aus englischer Kriegsgefangenschaft bei  Hannover entlassen und kam nach Göhren zu seiner Familie zurück. Auf Anweisung des damaligen kommunistischen Bürgermeisters von Göhren,  Erich W. erfolgte die Einweisung in das Gefängnis Bergen auf Rügen und Weitertransport in das Sowjetische Internierungslager Fünfeichen bei Neubrandenburg. Nach 2 ½ Jahren Internierungshaft starb er im Alter von 34 Jahren an Lungentuberkulose.


In der sowjetischen Rehabilitierung steht: „Wann und durch welches Organ verhaftet: verhaftet durch die Organe der NKVD der UdSSR (Sowjetischer Geheimdienst) am 4. Januar 1946 als Mitglied der NSDAP“


Die Rehabilitierungsurkunde datiert vom 3. November 1992. Publikationen zu diesem Thema in meinem Buch ISBN 3-00-002326-7. Auf den Seiten 24 – 48 „Rügen nach der Wende – Erinnerungen“.


Es reichten damals einfache Denunziationen, um manchen Mitbürger auf diese Art völlig unschuldig zu entsorgen. Die Informanten blieben geheim.

 


Zumeist in der Landwirtschaft konnten durch die Enteignung der vornehmlich enteigneten Güter und Höfe über 100 Hektar 5.398 Neubauernstellen und 3 volkseigene Güter geschaffen werden mit einer Nutzfläche von 45.585 Hektar !

1939 waren 61,2 % aller landwirtschaftlichen Flächen in Höfen über 100 Hektar befindlich.. (Quelle: Die Kunstdenkmale des Kreises Rügen 1963, Seite 29)

 


Das war aber keine uneigennützige Schenkung der sowjetischen Besatzungsmacht. Das Land diente nicht nur der eigenen Ernährung der Neubauern. Es wurden vielmehr staatliche Abgabenormen festgelegt, die viele der Neubauern nicht erfüllen konnten und gaben auf, viele türmten in den Westen Deutschlands.


So erzählte mir meine Mutter Liselotte geb. Zobel von einer Ostpreussenfamilie, die zuvor im Deutschen Haus vorübergehend ein neues Heim gefunden hatten. Die Neubauernfamilie bestand aus dem Vater, der von Beruf Lokomotivführer war und 2 Töchtern, die als Knopflochnäherinnen gearbeitet hatten. Sie versuchten, die Kühe mit frischen Heringen zu füttern und konnten mit der aufgezwungenen Neubauernstelle nicht zurecht kommen. Bald wurde ihnen das wieder abgenommen.


Und so wurden bis 1960 die großen Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften gebildet, wie sie bis zum Ende der DDR Zeit bestanden haben. Damit hatte die DDR Führung bereits eingestanden, dass die Enteignung der großen Höfe ein Fehler war.


1946 Wahlergebnis der Gemeinde Göhren auf Rügen lt. Fritz Petrick, („Rügens Zeitgeschichte seit 1945 Seite 38, ISBN 9783981356816) 93,6% Wahlbeteiligung, 1384 Wahlberechtigte, 1296 abgegebene Stimmen, 17 ungültige Stimmen, 655 Stimmen für die CDU, 591 Stimmen für die SED: Der Bürgermeister wurde aber nicht von der stärksten Partei gestellt, sondern diesen bestimmte die Besatzungsmacht.



1948 - 1950

Der allererste weibliche Bürgermeister vom Ostseebad Göhren war Frau Liselotte Hörnlein geb. Zobel vom Hotel Deutsches Haus für die CDU von 1948- 1950. Da der 1. Bürgermeister von der SED Herr Pisch häufig krank  war, führte sie die Amtsgeschäfte meistens allein. Göhren hatte durch die vielen Vertrieben aus den Ostgebieten über 2500 Einwohner. Sehr schwierig gestaltete sich auch die Wohnungsfrage, zumal die Hotels und Pensionen nur auf den Sommerbetrieb ausgerichtet waren.


In diese Amtszeit fiel u. a. die Tiefbohrung von 2 Trinkwasserbrunnen im Wald im Bereich des damaligen Forsthauses. Die vorhandene Wasserquelle reichte für so viele Bewohner nicht aus.


Die Bürgermeisterin des nun bevölkerungsstarken Ostseebades Göhren bekam sogar von der Gemeinde ein Dienstauto mit Fahrer gestellt, nachdem ihr  privates Hotelauto 1945 von den Russen geklaut wurde.


1952

Am 7. Juni 1952 wurde durch den Minister für Staatssicherheit Wilhelm Zaisser, die „Polizeiverordnung über die Verstärkung des Schutzes der Ostseeküste der DDR“ in Kraft gesetzt. Als Küstengrenzgebiet stand die Insel Rügen mit ihrer Grenzübergangsstelle in Sassnitz unter Bewachung durch die „Kasernierte Volkspolizei“. Die Entstehung dieser Sonderpolizei ging zurück auf einen sowjetischen Befehl vom Dezember 1946, der SMAD. 1951 waren Grenzpolizeibereitschaften gebildet worden aus denen die Grenztruppen der DDR als eigenständiges bewaffnetes Organ hervorgingen. Die Bunkeranlagen dieser Grenztruppen sind noch heute zu besichtigen am Kap Arkona und in Sellin hinter der kath. Kirche. Kasernen befanden sich in der Stubbenkammer, in Lohme und in Sellin (in Sellin heute Jugendherberge). Außer den Beobachtungstürmen bei Binz, Sellin und der Schabe gab es mobile Scheinwerfer Züge. Innerhalb der 3 Meilen- Zone kamen Vorpostenboote der Volksmarine zum Einsatz.

 

Die Auflösung der Grenzbrigade Küste erfolgte am 30. September 1990, wobei ein Teil des Personals vom Bundesgrenzschutz oder vom Öffentlichen Dienst übernommen wurde. (S. 48, Petrick, ISBN 9783981356816 „Rügens Zeitgeschichte seit 1945)


1952

Wurde von der DDR Regierung die „Aktion Rose“ vorbereitet, wobei bis zum heutigen Tag nicht klar ist, wie dieser Name zustande kam. Es sollte eine Enteignung und Kriminalisierung aller Hoteleigentümer und ihrer Familien erfolgen, die es den Massenorganisationen der DDR ermöglichen sollte, die Hotels entlang der Ostsee in direkte staatliche Verfügungsgewalt zu bringen. Vornehmlich dachte man wohl an den FDGB = Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, der bisher mit vielen Häusern Vertragsabschlüsse hatte. Schon 1952 im Herbst wurde das Haus eines Tierarztes im Uferbereich außerhalb von Greifswald beschlagnahmt.

 

1953

Aus dem Bundesarchiv Berlin erhielt ich bei meinen wochenlangen Sitzungen im Bundesarchiv diverse Unterlagen zu dieser Staatsaktion, die ich in meinem Buch „Rügen nach der Wende – Erinnerungen“ ISBN 3-00-002326-7 teilweise veröffentlicht habe. Auch in meinen Internetbüchern darf ich dieses Archivmaterial verwenden. www.ruegenbuecher.de


Seite 73 B.Arch. D01/MdI/11.755 HVDVP vom 30. Januar 1953 Hauptverwaltung Deutsche Volkspolizei


Einsatzplan für die „Aktion Rose“ – Ferienaktion


Im gesamten Küstengebiet der DDR einschließlich der Insel Rügen (ausgenommen Insel Hiddensee) findet in der Zeit vom 10.2. bis 10.3.1953 eine Überprüfung sämtlicher Besitzer und Pächter von Hotels und Pensionen statt.


…… Darüber hinaus besteht der begründete Verdacht, dass die Besitzer dieser Hotels und Pensionen mit den Agentenzentralen des amerikanischen Imperialismus in Westberlin und Westdeutschland in Verbindung stehen und für dieselben arbeiten. …..


Kräfteverteilung:

  • 30 VP Angehörige in Bergen, Unterkunft: Göhren
  • 170 VP Angehörige in Putbus, „ Sellin
  • 70 VP Angehörige in Putbus „ Göhren
  • 80 VP Angehörige in Wolfgast „ Heringsdorf
  • 40 VP Angehörige in Ribnitz „ Neuhaus
  • 60 VP Angehörige in Bad Doberan „ Kühlungsborn
  • 20 VP Angehörige in Wismar „ Wismar


Insgesamt errechnen sich so 470 Polizisten.


Technischer Bedarf

  • 6 LKW, 9 Omnibusse, 108 Mann


Waffen und Ausrüstung

  • 300 Pistolen Kaliber 7,65 mm
  • 390 Taschenlampen mit Batterien


Festnahmen

Die festgenommenen Personen werden in nachstehend aufgeführten Haftanstalten eingeliefert:

  • Stralsund
  • Grimmen
  • Wolgast
  • Greifswald
  • Rostock
  • Wismar
  • Grevesmühlen


S. 85 Instruktionen III vom 12.2.1953


  • sämtliche Wertsachen der Beschuldigten wie Uhren, Schmuck, Bargeld sind mit dem Vorgang an die Einsatzleitung zu geben.
  • Sichergestellte Nahrungs- und Genussmittel sowie Konserven sind an die Gemeinde, Abt. Handel und Versorgung abzugeben.
  • für den Fall, dass zurückgebliebene Kinder untergebracht werden müssen, sind dieselben dem Staatssicherheitsdienst zu übergeben.
  • Ab sofort verkehrt ein Bahntransportgefangenenwagen für den Abtransport der Häftlinge.


S. 105 Einsatz Schluss Übersicht

  • In Göhren 72 beschlagnahmte Hotels und Pensionen von 92 vorhandenen.
  • beschlagnahmt wurden 1382 Betten mit 702 Zimmern
  • außerdem 2 Fischräuchereien
  • DM 12.850,30 Bargeld
  • 57 Festnahmen
  • 53 Haftbefehle
  • 64 eingeleitete Strafbefehle


Beschlagnahmt werden sollten nur Hotels und Pensionen, deren Einheitswert 50.000,-- DM überschreitet. Der neu festgestellte Einheitswert vom Deutschen Haus von 1949 betrug nur 36.000,--DM. So wurde noch am 20.12.1952 der Einheitswert auf 50.000,-- DM erhöht.


Weil alles so leicht ging, wurden noch viel mehr Objekte beschlagnahmt, so das in Göhren fast jedes 2. Haus in stattliches Eigentum übergeführt wurde.


Wie ich bei genauerm Studium der Unterlagen im Bundesarchiv Berlin feststellen konnte, wurde sogar der Pächter der Bahnhofsgaststätte in Göhren enteignet und inhaftiert. Erst ein Jahr später stellten die Kontrollbehörden fest, das die Bahnhofsgaststätte mit der Reichsbahn ohnehin Staatseigentum war und auch nach der Aktion Rose blieb.


Auch die Pächter des Hotel Borgmeyer, die beide Mitglied der SED waren, wurden im Rahmen der Aktion Rose verhaftet und enteignet.

 

Im Schriftverkehr des Ministerium des Innern der DDR wurde dann festgestellt: „Egal, wer im Grundbuch als Eigentümer steht, es geht nur um die Enteignung des Objektes in dem die Straftaten stattfanden.


Im Falle des Hotel Borgmeyer, heute „Rügener Hof“ in der Post-Straße ging aus den staatlichen Unterlagen hervor, das der Eigentümer des Hauses in Schleswig Holstein wohnt. Er hat also gar keine Straftat begangen und wurde trotzdem enteignet. Seine Tochter, Frau Schröder aus Hamburg durfte ich nach der Wende in Göhren kennenlernen. Da niemand in der Familie das Hotelfach gelernt hatte, verkaufte sie bald das als Ferienheim. Zu DDR Zeiten wurde das Haus als Betriebsferienheim einer Firma aus Suhl genutzt.

 

 

Gäste auf dem Zeltplatz Göhren

  • 1954 356
  • 1966 10.615
  • 1981 24.959

 

Göhrener Badegäste

  • 1954 8991
  • 1966 35.782
  • 1981 65.519

(S. 120,121 Petrick, ISBN 9783981356816 „Rügens Zeitgeschichte seit 1945)


 

1989

Am 9. November 1989 wurde in Berlin die Mauer nach West Berlin geöffnet, die Tage darauf wurden die Grenzübergänge nach Westen in allen Regionen für West-Fahrten der DDR Bürger geöffnet, Deutsche aus Ost und West konnten in den jeweils anderen Teil Deutschlands fahren ohne die sonst üblichen Schikane der  Grenzpolizei. Ein völlig neues „WIR“ Gefühl entstand.


Schon am 28.11.1989 forderte Liselotte Schmidt geb. Zobel vom ehemaligen Hotel Deutsches Haus und vom Zobelhof in Baabe ihr Eigentum von den DDR Behörden aus der Beschlagnahme zurück.


Das Schreiben ist im Internetbuch von Siegfried Schmidt veröffentlicht worden unter: http://www.ostseebad-horst.de/016.htm

 

Noch lehnten die DDR Behörden die Freigabe der doch widerrechtlich beschlagnahmten Liegenschaften aus der Beschlagnahme ab.


Im Ostseebad Baabe ging das so weit, das der letzte DDR-Bürgermeister der CDU noch im Juni 1990 versuchte, das Wohnhaus des Zobelhofes und einzelne Flächen zu verkaufen.


Ca. 300.000 Verkäufe nach dem sogenannten „Modrow Gesetz“ wurden lt. Bericht der Ostsee Zeitung vom 6.11.1996 Seite 3 über den Bundesgerichtshof zwischen dem 17.5. und dem 30.6.1990 für nichtig erklärt..

 

1990

Die Wende zum Besseren! Nach der überraschenden Grenzöffnung a m 9. November 1989 in Berlin und den großen Versprechen von Helmut Kohl trat auch auf Rügen eine Aufbruchsstimmung zu Tage.


Im Januar 1990 trafen sich im Mönchguter Museum die Göhrener Ehrenbürgerin Ruth Bahls und ihre Jugendfreundin Liselotte Schmidt geb. Zobel vom ehemaligen Hotel Deutsches Haus R. Zobel. 2. Bürgermeisterin von Göhren 1948-1950.

 

Beide Freundinnen berieten, was wohl für unser Heimatdorf am Besten wäre. Ruth Bahls schlug vor, einen Interessenkreis der in der Aktion Rose aus dem Bezirk Rostock zwangsausgewiesenen Familien zu bilden. Jedes Jahr fand auf der Insel Norderney in der Nordsee ein Heimattreffen der Rüganer aus Ost und West statt.  Hier sollte versucht werden, die 1953 ausgewiesenen Rüganer zu einer Rückkehr nach Hause zu bewegen. Nun war dieses Treffen im Herbst 1990 in Bochum vereinbart.


Im Januar 1990 hieß es dann in der Presse: „Man muss sein Eigentum anmelden!“ Also schrieb so mancher an den Bürgermeister  seines Heimatortes und mancher Orts hieß es dann:


„ Der Eigentümer hat sich gemeldet, jetzt verkaufe ich Euch das schnell!“


Die Deutschen Regierungen und Ost und West arbeiteten seit November 1989 längst Hand in Hand und so mussten diese „Notverkäufe“ teils rückgängig gemacht werden.


Im Herbst 1990 wurde in Bochum der „Stasi-Aktion-Rose-Geschädigte Interessenkreis Mönchgut/Rügen“  gemäß der Idee der Göhrener Ehrenbürgerin Ruth Bahls und ihrer Schulfreundin Liselotte Schmidt-Zobel vom Deutschen Haus gegründet.


Es war bezeichnend für den Zusammenhalt der Göhrener Bürger. Ca. 60 Personen aus Ost und West trafen sich allein aus Göhren im Herbst 1990 und es wurde von fast allen gesagt: „Wir wollen wieder zurück in unsere Heimat, wenn wir denn unser  Haus zurück bekommen!“


An diesem Interessenkreis, der von Siegfried Schmidt und Rudolf Knauf geführt wurde, waren ca. 100 Familien angeschlossen mit ca. 50 Häusern, Hotels, Pensionen, Privathäuser und dem landwirtschaftlichen Betrieb der Familie Zobel an der Dorfstraße in Baabe, der schon seit 1926 an ein und dieselbe Familie verpachtet war. Aber auch dieser Pächter hatte über den DDR-CDU Bürgermeister von Baabe noch versucht, das Wohnhaus zu kaufen. Dieser Vorgang ist bis 2015 noch nicht abgeschlossen. Auch Familien aus Binz hatten sich dem Kreis angeschlossen.


Leider ergaben sich dann, als die Rückgabe oder Freigabe aus der Beschlagnahme endlich erfolgt war über ein Amt für „angeblich“ offene Vermögensfragen, die plötzlich wie Pilze aus dem Boden schossen,


E R B S T R E I T I G K E I T E N


Geschwister aus Ost und West stritten um alte Häuser und Grundstücke. Teils die Enkel der 1953 deportierten Eigentümer. Einer wollte zurück und wieder aufbauen, der nächste wollte Geld, was der Erste sich gespart hatte um damit wieder aufzubauen.


Das Amt für „offene“ Vermögensfragen wurde im Landratsamt Rügen in der Billrothstrasse in Bergen angesiedelt. Leiter war Herr Dr. Strobel.

 

Und im Landratsamt Rügen war Herr Uwe Weidemann aus Göhren als Amtsleiter für Kultur beschäftigt. So kam es eines Tages 1990 zu einem Telefonat – ausgehend vom Landratsamt Rügen, Herrn Weidemann, der bei Siegfried Schmidt, Unternehmensberater in Türkheim im Allgäu telefonisch anrief und um eine telefonische Information bat.

 

  • Welche Häuser auf Rügen werden vom Interessenkreis zurück gefordert?
  • Namen und Anschriften der Eigentümer
  • Telefonnummern


Ab Februar 1991 konnte man im Schloss Barby sich die Grundbuchauszüge von Göhren holen. Die Originalen Grundbücher waren wohl aus Sicherheitsgründen zentral für die ganze DDR nach Barby gebracht worden. Mit diesen Grundbuchauszügen reichten nun die rechtmäßigen Eigentümer ihre Unterlagen beim Amt für „offene“ Vermögensfragen in Bergen ein.


Ab März 1991 wurde es den Bürgermeistern auf der Insel untersagt, das Eigentum der in der Aktion Rose zwangsausgewiesenen Hoteliers und Bürgern weiter zu verkaufen. Alle Verträge sollten rückabgewickelt werden.


Im April 1991 schon hatten die ersten Eigentümer vom Interessenkreis eine Einladung vom Amt für „offene“ Vermögensfragen zur Freigabe ihres Hauses. Zu den ersten gehörte Herr Götz vom Haus Götz in der Lindenstraße.


Zu einer öffentlichen Veranstaltung im Cliff Hotel in Sellin, zu der die Finanzministerin von Mecklenburg- Vorpommern, Frau Kleedehn geladen hatte, kamen weitere Mitarbeiter des Finanzministeriums aus Schwerin und der Leiter des Amtes für „offene“ Vermögensfragen aus Bergen, der sich jetzt in den nächsten Tagen der Rückforderung aller ca. 50 Anwesen gegenüber sah, die alle über den Interessenkreis der Aktion Rose Opfer von Mönchgut  zu diesem Termin auf der Matte standen.


Am 16.4.1991 war Liselotte Schmidt verw. Hörnlein geb. Zobel zum Amt im Landkreis Rügen geladen, zusammen mit ihren beiden Söhnen. Der Groß- Cousin Uwe Weidemann hatte am Tag davor  schon Vorsorge getroffen, und so kam der Rechtsberater Esche, CDU Vorsitzender von Rügen, aus Middelhagen stammend, zum Verhandlungstermin mit.


Da das Hotel Deutsches Haus R. Zobel von einem Ministerium der DDR beschlagnahmt war, musste am 19.4.1991 auch eine Verhandlung mit der stv. Präsidentin der Oberfinanzdirektion Rostock in Rostock wahr genommen werden. Hier wurde eine Wertausgleichvereinbarung unterzeichnet zwischen der BRD, vertreten durch die stv. Präsidentin der Oberfinanzdirektion Rostock, Hildegard Kramer und der Eigentümerin seit 1938, Liselotte Schmidt, verw. Hörnlein geb. Zobel, damals 77 Jahre alt.


Die Freigabe des ehemaligen Hotels erfolgte erst am 29. Mai 1991. Ab diesem Zeitpunkt baute Liselotte Schmidt und ihr Sohn Siegfried Schmidt das Hotel wieder auf, zumeist in Eigenleistung, dann aber auch mit angestellten Hausmeistern, im Jahr 1991 4 Hausmeister insgesamt. So waren die Ersparnisse aus 38 Jahren nach der Zwangsausweisung 1953 bald aufgebraucht. Es musste pausiert werden, aber im nächsten Jahr, nach Abschluss der Saison waren wieder Ersparnisse da und es konnte weiter gehen.


Bis zur Aufgabe des Hotels 2007, als sich herausstellte, das die nächste Generation nicht im Hotel arbeiten wollte, waren über 1.000.000,-- DM an Eigenmitteln in alle Häuser auf der 4600 qm großen Grundstücksfläche von Siegfried und Liselotte Schmidt investiert worden, was nur Handwerkerrechnungen ausmachte. Die enorme eigene Leistung und die der Hausmeister und des  angestellten Hotelpersonals noch nicht gerechnet.


Ein Kuriosum trat im Ostseebad Göhren auf. Eine NVA Truppe um einen Hotelier aus Bad Oeynhausen trat in Göhren auf und kaufte nach und nach zig Häuser auf, nach meiner Rechnung ca. 50 Anwesen. Und was niemand für möglich gehalten hatte, unser Ostseebad Göhren trat bald einen Siegeszug des raschen Wiederaufbaues an.


Die Bundesrepublik Deutschland hatte besondere Abschreibungs-Modelle wieder entdeckt. „Das Kölner Model“ aus den 70er Jahren, entworfen zur Schaffung von Wohnungen für Mieter und zur Unterbringung von Privatvermögen, vornehmlich aber zum Steuernsparen für gut verdienende Bürger, die in nur 10 Jahren die Gesamtinvestitionen für den Aufbau Ost von der Steuerschuld absetzen konnten, kauften in Göhren Eigentumswohnungen.


Aus umgebauten Hotels und Privathäusern wurden so Eigentumswohnungen, Mietwohnungen, Ferienwohnungen. Vornehmlich Ferienwohnungen, denn die alten Hotels konnten niemals den Standart von neuen Hotels erreichen, die es im „Goldenen Westen“zu Hauf gab.


2000

Etwa ab dem Jahr 2000 erfolgte die Erneuerung der Kanäle in Göhren, gleichzeitig wurden dann auch die teils maroden Straßen erneuert. Die Städtebauförderung sollte das möglich machen, um  die Haus- und Grundstückseigentümer nicht zu sehr zusätzlich zu ihren üblichen Wiederaufbauarbeiten und Kosten zu belasten.


Die jetzige göhrener Kläranlage war in den 60er Jahren neu am unteren Ende der Thiessower Straße gebaut worden. Bis dahin ging noch ein großes Rohr weit ins Meer am Südstrand von Göhren. Meine Cousine Ingrid P. (heute ca. 75 Jahre alt) berichte mir noch vor Jahren, die Eltern hätten es zwar verboten, aber es sei so  schön warm gewesen, sich vor dem großen Rohr schwimmend aufzuhalten.


Es wurde zuerst die Thiessower Straße ausgebaut unter der auch die Dimension des Kanalrohres der neuen Zeit angepasst wurde. Es folgte dann die Strandstraße und die Poststraße. Nach und nach soll ganz Göhren größer dimensionierte Kanäle bekommen, denn die Kanalisation war 1910 neu gebaut worden, wo viele Großstädte noch gar nicht daran gedacht haben, einen Kanal zu legen, war das Ostseebad Göhren stets der Zeit voraus!


Die Bauarbeiten gingen bis zu 6,5 Metern unter der Straßenfahrbahn. Es wurden viele Kanaleinführungen gefunden, die in keinem Plan verzeichnet waren. Auch die Wasserleitungen in diesen Straßenabschnitten wurden sogleich in blauen Hartplastikrohren erneuert.


Die erneuerte und erweiterte Kläranlage an der Thießower Straße in Göhren vom Zweckverband Abwasser ist auf eine Dimension von 30.000 Einwohnern und Nutzern ausgelegt, erweiterbar auf 40.000 Nutzer.  Angeschlossen sind alle Orte auf Mönchgut bis einschließlich Sellin.


Das Regenwasser wurde von allen Haus-Regenrinnen und das  Oberflächenwasser der Straßen und Wege extra erfasst und in ein gesondertes Regenwassersammelbecken am Nordstrand und am Südstrand von Göhren eingeleitet.


Die Straßenbeleuchtung wurde erneuert und soweit möglich mit der neuesten LED Technik ausgestattet.


Die Kurpromenade zwischen den Seebädern Göhren – Baabe –Sellin wurde mit einem Aufwand von Millionen DM als „Bernstein Promenade“ mit gelben Fußwegsteinen ausgestattet. Sie ist heute neben dem grundsanierten und unter Denkmalschutz stehenden Musikpavillon neben den Kuranlagen das Schmuckstück unseres Ostseebades.

 

2011

Im Rahmen einer Gebietsreform wurde am 4. September der Zusammenschluss mit dem Landkreis Nordvorpommern, der kreisfreien Stadt Stralsund zum Landkreis Vorpommern Rügen vorgenommen. (aus ISBN 9783981356809 von Fritz Petrick)


1991 - 2013

Übernachtungsstatistik vom Ostseebad Göhren


Übernachtungen Bettenzahl


Bevölkerungsentwicklung in Göhren, aus dem Buch von Fritz Petrick habe ich die Zahlen

 

1939           1.234

1946           2.624


In meinem Bücherbestand von einigen Tausend Stück sind noch viele Rügenbücher, aus denen ich zitieren könnte, ich denke, das führt zu weit.

 

Ergänzt werden könnten auch: Haus- Stile, Rookhus, Seebäderstil und hoffentlich bleibt und bei künftigen Neubauten der „Proletenstil“ erspart.


Ich denke, ich höre auf und habe damit wenigstens eine Grundlage in Zahlen zur Entwicklung auf der Insel Rügen gegeben. Damit ist aus den Schriften von Fritz Petrick nachgewiesen, das Göhren seit 15.000 Jahren besteht und die älteste urkundlich erhaltene Erwähnung eben „nur“ 850 Jahre alt ist.

 

Damit ist meine Arbeit nach fast 2 Monaten abgeschlossen. Ehrenbürger von Göhren werde ich dadurch sicher nicht. Denn der Ehrenbürger hat das Privileg, 1 mal täglich von der Seebrücke zu pinkeln!


Siegfried Schmidt, Deutsches Haus R. Zobel, Carlstrasse 3, 18586 Göhren/Rügen

Tel/FAX 038308-2195 11.11.2014